Ratgeber - Leistungsphase 6: Öffentlicher Bauherr hat unter Umständen Bestimmungsfreiheit bei Produkt-Vorauswahl
Sofern sachliche, nachvollziehbare und auftragsbezogene Gründe für die Vorauswahl eines Produktes vorliegen und andere Anbieter dadurch keine Diskriminierung erleiden, hat ein öffentlicher Auftraggeber grundsätzlich Entscheidungsfreiheit. Zu diesem Beschluss kam das Oberlandesgericht Jena im Zusammenhang mit einer Verkehrsanlage nach HOAI am 25.06.2014 (Az. 2 Verg 1/14).
Der Fall
Bei der Beschaffung einer speziellen Anlage zur Geschwindigkeitsmessung an der Autobahn in Anbindung an eine Wechselverkehrszeichenanlage hatte die Straßenbauverwaltung statt einer EU-weiten Ausschreibung ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnehmerwettbewerb vorgenommen, da nur zwei Anbieter die in der Leistungsbeschreibung geforderte Voraussetzung erfüllten. Diese besagt, dass das zu realisierende Messverfahren über eine gültige innerstaatliche Bauartzulassung durch die physikalisch-technische Bundesanstalt (PTB) verfügen muss.
Ein nicht berücksichtigter Anbieter, der sich im Wettbewerb unangemessen benachteiligt fühlte, strebte bei der Vergabekammer – mit dem Argument der Machbarkeit anderer technischer Lösungen – die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens an.
Das Urteil
Das OLG Jena lehnte den Antrag ab, weil es den sachlichen Gründen für das strittige Verhandlungsverfahren mehr Gewicht beimaß als einer eventuellen Marktverengung. Auch ließ das Gericht das ebenso gewichtige Argument gelten, dass die Bauartzulassung der mit der Ausschreibung geforderten Geräte Sicherheit für das zertifizierte Verfahren der Geschwindigkeitsmessung bot.
Das Urteil kann 1:1 auf die Ausschreibung anderer HOAI-Planbereiche, bei denen eine Vorauswahl und Vorgabe von Produkten erforderlich ist, übertragen werden.
Tipp:
Fügen Sie Ihrer Vergabedokumentation ein Memo mit der detaillierten Begründung für Ihr Vorgehen hinzu. Damit kommen Sie etwaigen Nachprüfungsanträgen zuvor.
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