Praxis - Berufsausübung in der Mietwohnung
Junge Architekten starten ihre Freiberuflichkeit nicht selten in ihren vier Wänden. Wenn es nicht die eigenen sind, bedarf die zusätzliche Nutzung des Wohnraums zu beruflichen Zwecken der Zustimmung des Vermieters. Dabei wird der Wohnraummietvertrag nicht automatisch zu einem Gewerbemietvertrag. Vielmehr müssten die Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen werden, beschloss der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 9. Juli 2014 (Az.: VIII ZR 376/13).
Was war passiert?
In der Erdgeschosswohnung eines mehrgeschossigen Hauses hatte der Vermieter dem Mieter die zusätzlich gewerbliche Nutzung erlaubt. Sechs Jahre danach kündigte jener den Mietvertrag ohne Nennung von Gründen. Im Berufungsverfahren gab das Berliner Kammergericht seiner zuvor beim Landgericht Berlin abgewiesen Räumungsklage statt, da die gewerbliche Nutzung dem Lebensunterhalt des Mieters diene und somit der überwiegende Vertragszweck sei. Im Gegensatz zu einem Vertrag über Wohnraummiete müsse der Kläger in diesem Fall kein besonderes Interesse für die Kündigung nachweisen.
Das Urteil
Der von dem Beklagten in Revision angerufene Bundesgerichtshof sah das anders, hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Räumungsklage als unbegründet zurück. Seiner Ansicht nach 'bestehe kein allgemeiner Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mischverhältnis die Schaffung einer Erwerbsgrundlage Vorrang vor der Wohnnutzung habe'. Vielmehr hänge die Gewichtung bei einem Mischmietverhältnis bspw. von der Gestaltung des Mietvertrages, der Flächenverteilung oder dem Anteil an der Gesamtmiete ab.Für einen Wohraummietvertrag sprachen die Verwendung eines Mietvertrags-Formulars, das eher bei der Vermietung von Wohnraum verwendet wird, eine unbestimmte Vertragslaufzeit, die für Gewerberaum-Mietverhältnisse untypisch ist sowie eine einheitliche Miete ohne Ausweisung der Umsatzsteuer.
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