ibr News - Vergabe #16/2014
Auftraggeber muss Möglichkeit zur Anwendung von Minderungsregelungen der HOAI mitteilen
Unwägbarkeiten darüber, ob ein Bieter Minderungsregelungen der HOAI überhaupt in Betracht zu ziehen hat, sind vom Auftraggeber für das jeweils ausgeschriebene Planungsvorhaben in den Vergabeunterlagen mitzuteilen. Die entsprechende Einschätzung des Auftraggebers hat sachlich begründeten Erwägungen Rechnung zu tragen.
VK Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2014 - VK 6/14
Wann kann im VOF-Verfahren auf Verhandlungsgespräche verzichtet werden?
1. Da weder die VOB/A noch die VOL/A mit § 11 Abs. 6 VOF und § 20 Abs. 1 VOF vergleichbare Regelungen enthalten, kann die Zulässigkeit eines Verzichts auf Verhandlungsgespräche für Verhandlungsverfahren nach der VOF nicht analog zu der Rechtslage nach der VOB/A und der VOL/A entschieden werden.*)
2. Einer erfolgreichen Geltendmachung einer Rechtsverletzung durch den Verzicht auf Verhandlungen im Verhandlungsverfahren steht es entgegen, wenn der Auftraggeber bereits den Leistungsgegenstand eindeutig und abschließend definieren konnte und eine vergleichende Wertung der Angebote auch ohne Verhandlungsgespräche möglich war.*)
3. In einem solchen Fall liegt zwar die Vermutung nahe, dass die Wahl der Verdingungsordnung fehlerhaft war und das Verfahren nicht nach der VOF, sondern nach der VOL/A hätte durchgeführt werden müssen. Die fehlerhafte Wahl der Verdingungsordnung kann jedoch nicht von der Antragstellerin erfolgreich zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden, da bei einem ordnungsgemäßen Vergabeverfahren nach der VOL/A kein Verhandlungsverfahren sondern ein offenes Verfahren durchzuführen gewesen wäre. Ein Bieter hätte auch bei rechtskonformem Verhalten des Auftraggebers nicht die Möglichkeit erhalten, sein Angebot durch das Führen von Verhandlungsgesprächen zu verbessern.*)
VK Sachsen, Beschluss vom 21.03.2014 - 1/SVK/004-13
Teilnahmeantrag wegen überlanger Postlaufzeit verspätet: Ausschluss zwingend!
Die nicht rechtzeitige Vorlage des Teilnahmeantrags bei der Vergabestelle hat nach Ansicht der VK Südbayern auch in einem Vergabeverfahren nach der VOF die zwingende Nichtberücksichtigung zur Folge. Das folgt aus der mit der Festlegung der Bewerbungsfrist durch den Auftraggeber ausgelösten Selbstbindung. Verspätungen, die etwa aus einer ungewöhnlich langen Postlaufzeit resultieren, betreffen das dem Bewerber auferlegte Übersendungsrisiko. Davon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn die Vergabestelle die Übermittlung auf dem Postweg vorgeschrieben hatte und die Verspätung durch Verschulden des Postdienstleisters verursacht wurde.
VK Südbayern, Beschluss vom 07.07.2014 - Z3-3-3194-1-24-05/14
Bieter vorbefasst: Ausgleich des Wissensvorsprungs geht Ausschluss vor!
Nach § 6 Abs. 7 EG VOL/A 2009 hat ein Auftraggeber dann, wenn Bewerber oder Bieter vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber beraten oder sonst unterstützt haben, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme dieser Bewerber oder Bieter nicht verfälscht wird. Dabei umfasst die Vorschrift des § 6 Abs. 7 EG VOL/A 2009 jede Tätigkeit im Vorfeld eines Vergabeverfahrens, die einen Bezug zum konkreten Vergabeverfahren aufweist. Allerdings ist, so die VK Südbayern, der Ausschluss keine zwingende Folge einer Vorbefasstheit. Der Ausschluss des vorbefassten Bieters kann nur das letzte Mittel sein, wenn keine anderen Ausgleichsmöglichkeiten des Wissensvorsprungs durch den Auftraggeber denkbar sind.
VK Südbayern, Beschluss vom 21.10.2013 - Z3-3-3194-1-29-08/13