ibr News - Architekten und Ingenieure #12/2015
"Legen Sie los, fangen Sie an!": Auftrag erteilt!
Diskutieren Bauherr und Architekt über die Möglichkeiten der Nutzungsänderung eines Gebäudes und weist der Architekt darauf hin, dass er hierfür keinen Auftrag hat, ist die Äußerung des Bauherrn "Legen Sie los, fangen Sie an!" als entsprechende Beauftragung zu werten. Erbringt der Architekt in einem solchen Fall bereits vor Auftragserteilung einzelne Leistungen, kann er hierfür nach Auftragserteilung das entsprechende Honorar verlangen. Darauf weist das OLG München hin.
OLG München, Beschluss vom 18.11.2013 - 27 U 743/13;
BGH, 10.09.2015 - VII ZR 338/13 (NZB zurückgewiesen)
"Bauherrenberater" haftet für Bauaufsichtsfehler wie ein Architekt!
Die Beauftragung eines "Bauherrenberaters" mit der baubegleitenden Qualitätskontrolle zum Zweck der "mängelarmen Errichtung des Gebäudes" ist nach Ansicht des OLG Brandenburg als (erfolgsbezogener) Werkvertrag zu qualifizieren. Das gilt auch dann, wenn der "Bauherrenberater" nicht mit weiteren (Architekten-) Leistungen beauftragt ist und als Honorar ein "Dumping-Preis" vereinbart wurde. Kommt es wegen eines Bauaufsichtsfehlers zu einem Baumangel, haftet der "Bauherrenberater" neben dem bauausführenden Unternehmen wie ein Architekt, der seine Aufsichtspflicht verletzt hat.
OLG Brandenburg, Urteil vom 14.10.2015 - 4 U 6/12
Mangelvermeidung ist oberste Architektenpflicht!
Das werkvertragliche Erfolgsversprechen des Architekten geht dahin, dass das Bauwerk frei von Mängeln entsteht. Dabei geht es in erster Linie um Fehlervermeidung, nicht um Mängelbeseitigung. Dafür muss der Architekt klare Anweisungen geben und kontrollieren, ob sie fachlich zutreffend umgesetzt werden. Im Rahmen der Bauüberwachung vor Ort ist auch die Überprüfung erforderlich, ob die tatsächliche Ausführung technisch und gestalterisch richtig ist. In diesem Rahmen ist die vorherige Prüfung der Pläne erforderlich, auch wenn diese von einem anderen Architekten stammen. Im Fall von Mängeln hat der Architekt den Bauherrn zu unterstützen, indem er ihn auf die Mängel und auf bestehende Rechte hinweist. Er muss darauf hinwirken, dass der Bauherrn von seinen Rechten Gebrauch macht. Außerdem muss er die Mängelbeseitigung überwachen. Mangelanfällige Arbeitsbereiche muss der Architekt besonders überwachen. Dies gilt vor allem dann, wenn durch nachfolgende Arbeiten nicht mehr überprüft werden kann, ob ein "verdeckter" Mangel vorliegt. Soweit es gerade die Verwendung von Fugendichtbändern und Gewebearmierungen betrifft, ist - so das KG - besondere Sorgfalt geboten.
KG, Urteil vom 27.11.2012 - 27 U 25/09;
BGH, 23.04.2015 - VII ZR 49/13 (NZB zurückgewiesen)
Mehrere gleichwertige Sanierungsvarianten: Vorschuss nur in Höhe der günstigeren Alternative!
Vor Durchführung der Sanierung kann nur Zahlung der sicher mindestens anfallenden Mangelbeseitigungskosten verlangt werden. Gibt es mehrere etwa gleichwertige bauliche Sanierungsvarianten, kann nur die weniger Kosten verursachende zu Grunde gelegt werden, so das OLG München.
OLG München, Urteil vom 03.11.2015 - 9 U 2777/11