Haftung - Schuldet der Bauüberwacher ein mängelfreies Bauwerk?
Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart nebst Bestätigung durch den Bundesgerichtshof sorgt für einigen Wirbel: Übernimmt ein Architekt, der mit der Bauüberwachung beauftragt ist, die volle Verantwortung für die Mängelfreiheit eines Bauwerks?
Der Fall: Wasserschaden nach Dacherweiterung
Der Bauherr hatte die I. AG durch einen „erweiterten Bauleitungsvertrag“ mit der Durchführung energetischer Maßnahmen an einem Gebäude beauftragt. Im Rahmen einer energetischen Gebäudesanierung erfolgte auch die Sanierung der Dachflächen. Mit der Planung und Überwachung der Sanierungsarbeiten am Dach beauftragte die I. AG den beklagten Architekten. Nun wurde in Folge der Verstärkung der Außenwände per Dämmung eine Dachverlängerung nötig. Hierfür wurde dem bestehenden Trapezdach eine sogenannte Winkelstehfalzdeckung hinzugefügt. Später traten dort Wasserschäden auf, die laut selbstständigem Beweisverfahren durch eine falsche Planung und Ausführung verursacht worden waren. Nachdem die I. AG in Insolvenz geraten war, verlangt der Bauherr aus abgetretenem Recht für die Sanierung der Schäden 40.000 Euro vom Planer zurück.
Das Urteil
Das Oberlandesgericht Stuttgart befand mit anschließender Billigung des Bundesgerichtshofs dieses Ansinnen für rechtmäßig. Schließlich habe der Architekt über seine Planungs- und Überwachungsleistungen einen Werkvertrag geschlossen – und beide Leistungen waren mangelhaft. Hierzu zog das Gericht den § 633 Abs. 2 BGB heran und pochte auf die Gültigkeit des dortigen dreigliedrigen Mangelbegriffs. Sowohl die Planung der Dachverlängerung als auch die Überwachung der Durchführung durch die Beklagten waren mangelhaft (OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2022 - 12 U 289/21).
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