Hinweis - Erfahrungswerte allein reichen nicht aus!
Wer eine Unterfangung einer Giebelwand des Nachbargebäudes zu seinem Bauprojekt plant, darf sich nicht allein auf Erfahrungswerte verlassen. Das OLG Frankfurt pocht auf Sorgfalt und individuelle Überprüfung.
Der Fall: Spontansetzung im Nachbargebäude
Ein Planungsbüro war mit der Planung eines Geschäftshauses samt Tiefgarage in einer innerstädtischen Baulücke beauftragt worden. Da der Tiefgaragenboden mit 4,20 m unter Geländeniveau rund 1,20 m tiefer lag als der Kellerboden des direkt angrenzenden Nachbarhauses, galt es, dessen Giebelwand zu unterfangen. Da keine Bauunterlagen vorhanden waren, gründeten die Planer ihre Berechnungen allein auf einer Vermessung der aufstehenden Wand, die sie mit 70 cm bezifferten. Als es jedoch nach der Ausführung der Unterfangung zu einer Spontansetzung der Nachbarwand mit Rissbildung in den Innenwänden gekommen war, stellte sich heraus, dass sich das Fundament des Nachbarhauses zur Grundstücksmitte hin durch einen sogenannten Fundamentsporn auf mindestens 105 cm (eventuell bis 140 cm) verbreiterte. Die Unterfangung war also deutlich unterdimensioniert worden. Den entstandenen Schaden von über 460.000 Euro wollte sich der Bauunternehmer vom Planer zurückholen – ein Streit, der seinen Weg zum OLG Frankfurt fand.
Das Urteil
Letztendlich widersprachen die Frankfurter Richter der Auffassung der Beklagten. Diese hatten angeführt, es sei nicht pflichtwidrig gewesen, davon auszugehen, dass die Fundamentbreite der Stärke der darüber befindlichen Kelleraußenwand entspreche. Eine abweichende Ausführung des Fundaments sei nicht erkennbar gewesen und mit einer derart exotischen Gründung hätte man nicht rechnen können. Die Richter hingegen pochten auf Sorgfalt. So wären die Planer gemäß der Regeln der Technik nach DIN 4123 dazu verpflichtet gewesen, die örtlichen Verhältnisse im Einzelfall eingehend zu untersuchen. Selbst wenn Bauunterlagen vorgelegen hätten, hätten diese mit Stichproben überprüft werden müssen. Eine Planung gemäß Erfahrungswerten sei nicht zulässig (OLG Frankfurt, Urteil vom 08.07.2016, Az. 10 U 17/14).
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